Können Absolventen der Physiotherapie die Patellasehnenkräfte bei häufig verwendeten Rehabilitationsübungen genau einschätzen?

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M. Hagen1, D. Van Assche1, S. Verschueren1, J. Vanrenterghem1
1KU Leuven, Institut für Rehabilitationswissenschaften, Leuven, Belgien

Hintergrund: Patellaspitzensyndrom ist eine häufige und behindernde Verletzung bei jungen, aktiven Menschen (De Vries et al., 2017). Bei der Rehabilitation dieser Überlastungsverletzung gilt eine Bewegungstherapie mit allmählicher Progression der Patellasehnenbelastung als primäre Behandlungsoption (Malliaras et al., 2015). Die objektive Quantifizierung der Patellasehnenkraft (PTF) erfordert fortschrittliche Datenerfassungs- und Analysetechniken und macht sie für Physiotherapeuten in der klinischen Praxis unzugänglich (Van Rossom et al., 2018). Physiotherapeuten verlassen sich daher in der Regel auf ihr klinisches Denken und ihre Erfahrung, um die Belastung abzuschätzen und progressive Trainingsprogramme für einzelne Patienten zu erstellen.

Zweck: Ziel dieser Studie war es zu untersuchen, ob Absolventen der Physiotherapie mit Spezialisierung auf Muskel-Skelett-Rehabilitation in der Lage sind, die PTF bei häufig verwendeten Rehabilitationsübungen genau einzuschätzen.

Methoden: Eine gesunde Person führte zweimal insgesamt 16 Rehabilitationsübungen durch. Zum ersten Mal wurden markerbasierte Bewegungserfassungsdaten (100 Hz; Vicon, Oxford, UK) und Bodenreaktionskräfte (1000 Hz; AMTI, Watertown, USA) gesammelt und PTF in OpenSim (Stanford, USA) berechnet. Beim zweiten Mal führte der Teilnehmer die Rehabilitationsübungen in einer klinischen Umgebung durch und es wurden Videos aufgenommen, die die Frontal- und Sagittalebene zeigten. Diese Videos wurden anonymisiert und in einer Online-Umfrage umgesetzt. Die Umfrage wurde an 52 Absolventen der Physiotherapie geschickt, die gebeten wurden, jede Rehabilitationsübung auf einer 100-stufigen numerischen Bewertungsskala zu bewerten, die von „absolut keine Patellasehnenkraft“ bis „maximale Patellasehnenkraft“ reichte. Anhand der Ergebnisse wurden zwei statistische Analysen durchgeführt. Zunächst wurde die Differenz zwischen den von den Studierenden abgegebenen Noten und dem objektiv quantifizierten PTF berechnet. Sowohl der durchschnittliche Unterschied über alle Übungen als auch der Unterschied für jede einzelne Übung wurden mithilfe von T-Tests bei einer Stichprobe mit Bonferroni-Korrektur (kritischer p-Wert = 0.003) statistisch analysiert. Anschließend wurden die Prozentsätze auf einen Rangfolgewert reduziert, der eine grundlegendere Ebene des klinischen Denkens darstellt. Der Gesamtunterschied zwischen den Rankings der Studierenden und den objektiven PTF-Rankings wurde mithilfe des Kendall-Tau-Koeffizienten statistisch analysiert.

Ergebnisse: Die Studierenden überschätzten die PTF, da die durchschnittliche Differenz und die Differenzen der meisten einzelnen Übungen deutlich größer als Null waren (alle p<0.001). Korrekte PTF-Schätzungen wurden für den Sitz-zu-Stand (p=0.038) und den vertikalen Sprung mit gedrungener Landung (p=0.494) gefunden. Lediglich die PTF beim Vorwärtssprung wurde unterschätzt (p<0.001). Kendalls Tau-Koeffizient für die Ranking-Scores betrug 0.617 (p<0.001).

Schlussfolgerungen: Absolventen verfügten über mäßige bis gute Fähigkeiten, Rehabilitationsübungen für PTF von niedrig nach hoch einzustufen. Allerdings neigten die Schüler bei diesen Übungen generell dazu, die PTF zu überschätzen, wenn sie als Prozentsatz der maximalen PTF ausgedrückt wurde.

Implikationen: Eine Überschätzung der PTF bei Rehabilitationsübungen deutet darauf hin, dass Absolventen der Physiotherapie bei der Erstellung von Übungsprogrammen für Patellatendinopathie möglicherweise zu vorsichtig sind. Dies kann zu unnötig langsamen oder sogar unvollständigen Rehabilitationsprozessen führen. Unter der Annahme, dass direkte Messinstrumente für PTF in klinischen Praxen in naher Zukunft nicht verfügbar sein werden, schlagen wir vor, dass Physiotherapie-Ausbildungsprogramme Schulungsmöglichkeiten für das muskuloskelettale Belastungsmanagement entwickeln sollten. Es sind jedoch weitere Untersuchungen erforderlich, um zu klären, ob mehr Erfahrung zu besseren Lastschätzungen führt.

Finanzierungshinweise: PhD-Stipendium für Grundlagenforschung FWO Flandern

Stichwort:
Lastmanagement
Klinische Argumentation
Patellatendinopathie

Themen:
Bewegungsapparat: untere Extremität
Bildung

War für diese Arbeit eine ethische Genehmigung erforderlich? Ja
Institution: KU Leuven
Ausschuss: Ethikkommission Forschung UZ/KU Leuven
Ethiknummer: S63980

Alle Autoren, Zugehörigkeiten und Abstracts wurden wie eingereicht veröffentlicht.

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