UNFREIWILLIGE AKTIVITÄT DER BECKENBODENMUSKELN BEI GESUNDEN FRAUEN WÄHREND DER AUSFÜHRUNG VON AKTIVITÄTEN DES ALLTAGS

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Schraknepper A1, Wassmer Säuberli P2,3, EichelbergerP1, Luginbühl H1, Radlinger L1
1Berner Fachhochschule, Departement Gesundheitsberufe, Bern, Schweiz, 2Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Departement Gesundheit, Institut für Physiotherapie, Winterthur, Schweiz, 3Kantonsspital Baden AG, Sektion Physiotherapie, Baden, Schweiz

Hintergrund: Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL), begleitet von einem steigenden intraabdominalen Druck, können bei Frauen mit Belastungsinkontinenz (SUI) zu Urinverlust führen. Der Betroffene kann daher über unwillkürlichen Urinverlust in Verbindung mit einer Veränderung der Körperlage klagen. Um SUI vorzubeugen, ist die Aktivität der unwillkürlichen Beckenbodenmuskulatur (PFM) wichtig.

Zweck: Das Ziel der aktuellen Studie war es, dies zu untersuchen
a) ob PFM-Aktivität, d. h. unwillkürliche Reaktion, bei gesunden Nulliparae-Frauen während mäßiger ADL wie Treppensteigen, Aufstehen von einem Stuhl und Heben von Lasten vorliegt, und
b) ob es einen Unterschied in der PFM-Aktivität zwischen drei verschiedenen Geschwindigkeiten beim Treppensteigen, zwei verschiedenen Geschwindigkeiten beim Stuhlheben und dem Heben von zwei verschiedenen Lasten gibt.

Methoden: Dies war eine explorative Querschnittsstudie zur Untersuchung der PFM-Aktivität während ADL, nämlich bei drei verschiedenen Geschwindigkeiten (langsam, mittel, schnell) beim Treppensteigen, beim Auf- und Absteigen, bei zwei verschiedenen Geschwindigkeiten beim Aufstehen des Stuhls (langsam, schnell) und beim Anheben von zwei Personen unterschiedliche Belastungen (10 kg, 15 kg).
Die PFM-Elektromyographie (EMG)-Aktivität von 16 gesunden Nulliparae-Frauen wurde mit Vaginalsonden bestimmt, während sie Lasten hoben, Treppen rauf und runter gingen und sich von einem Stuhl erhoben, mit unterschiedlichen Gewichten bzw. Geschwindigkeiten. Die quadratischen Mittelwerte des EMG-Signals wurden vor und nach Beginn der Belastung analysiert. Die EMG-Werte wurden auf die Spitzenaktivität während maximaler freiwilliger Kontraktionen (% MVC) normalisiert. Die PFM-Aktivitätsschwelle wurde als Mittelwert der Ruheaktivität plus zwei Standardabweichungen (SD) bestimmt. Die PFM-Aktivitäten wurden durch ANOVA für wiederholte Messungen zwischen vor und nach Beginn der Belastung und den drei verschiedenen Geschwindigkeiten (langsam, mittel, schnell) analysiert, gefolgt von adäquaten post hoc t-Tests. Zusätzlich wurde der t-Test zwischen den verschiedenen Geschwindigkeiten (langsam, schnell) und verschiedenen Lasten (10 kg, 15 kg) für gepaarte Proben berechnet. Signifikanzniveau: α = 0.05.

Ergebnisse: Die 16 eingeschlossenen Teilnehmer hatten ein Durchschnittsalter (± SD) von 26.8 (± 5.2) Jahren und einen Body-Mass-Index von 22.3 (± 2.4) kg/m2. Der mittlere Schwellenwert für den Beginn der PFM-Aktivität lag bei 32.4 ± 12.4 % MVC. Bei allen gemessenen ADL war die PFM-Aktivität höher als in Ruhe. Das Auf- und Absteigen der Treppe zeigte eine lang anhaltende PFM-Aktivität, und die Aktivität nahm tendenziell mit höherer Geschwindigkeit zu (66.2 - 152.1 % MVC). Das Heben von Lasten (159.1 - 194.1 % MVC) und das Heben von Stühlen (86.7 - 94.2 % MVC) zeigten ebenfalls eine höhere Aktivität mit zunehmendem Gewicht bzw. Geschwindigkeit.

Schlussfolgerung(en): Elektromyographische Messungen zeigten eine unfreiwillige PFM-Aktivität bei gesunden Nulliparae-Frauen in ADL, nämlich beim Treppensteigen, Stuhlaufstieg und Lastenheben.
Die Zunahme der unwillkürlichen PFM-Aktivität mit Geschwindigkeit und Bodenreaktionskraft beim Treppensteigen und Stuhlaufstieg ist vergleichbar mit Befunden bei anderen Ganzkörper-Aufprallaktivitäten (Laufen, Minitrampolinspringen, Falllandungen).

Implikationen: Die untersuchte ADL kann vermutlich zur Auslösung einer unwillkürlichen PFM-Aktivität bei gesunden Nulliparae-Frauen eingesetzt werden. Zukünftige Studien sollten jedoch klären, ob oder wie ADL als Trainingsaufgabe bei der Prävention oder Behandlung von SUI hilfreich sein könnte. Weitere Forschung zur unwillkürlichen PFM-Aktivität bei Frauen, die an SUI leiden, ist notwendig, um mögliche pathologische Veränderungen der unwillkürlichen PFM-Aktivität zu differenzieren und Trainingskonzepte mit Fokus auf unfreiwillige PFM-Aktivität zu verbessern.

Stichwort: Elektromyographie, Beckenboden, Belastungsinkontinenz

Finanzierungshinweise: Diese Arbeit wurde nicht finanziert.

Thema: Beckengesundheit von Frauen und Männern; Analyse menschlicher Bewegungen; Bewegungsapparat

Ethikgenehmigung erforderlich: Ja
Institution: Berner Fachhochschule, Departement Gesundheitsberufe
Ethikkommission: Ethikkommission des Kantons Bern, Schweiz
Ethiknummer: Studien-ID: 2016-00786


Alle Autoren, Zugehörigkeiten und Abstracts wurden wie eingereicht veröffentlicht.

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