AUFZEICHNUNG DER ANSICHTEN VON PHYSIOTHERAPEUTEN ZU FAKTOREN DER ETHISCHEN ENTSCHEIDUNGSFINDUNG – LEKTIONEN AUS EINER INTERNATIONALEN MIXED-METHODS-UMFRAGE

A. Sturm1, R. Roth1,2, AL Ager3
1Interuniversitäres Kolleg für Gesundheit und Entwicklung Graz, Schloss Seggau, Graz, Österreich, 2Universität Graz, Graz, Österreich, 3Gent University, Doctoral School of Life Sciences and Medicine, Gent, Belgien

Hintergrund: Verschiedene Faktoren werden für die ethische Entscheidungsfindung eines Physiotherapeuten als wichtig erachtet; Über die ethischen Ansichten und Überzeugungen von Physiotherapeuten aus der ganzen Welt ist jedoch wenig bekannt. Das Identifizieren relevanter Felder und Überzeugungen kann ethische Lehren informieren, zukünftige Forschung lenken und Unterstützung für die berufliche Entwicklung bieten.

Zweck: Diese Studie zielt darauf ab, die Wahrnehmungsgewichtung verschiedener Faktoren durch Physiotherapeuten in ihrem ethischen Entscheidungsprozess zu untersuchen. Wir haben solche Faktoren in schriftliche Erklärungen eingebettet, um Bereiche zu identifizieren, die Bewusstsein, Vorbereitung und/oder weitere Untersuchung erfordern.

Methoden: Eine in englischer Sprache veröffentlichte Mixed-Methods-Online-Umfrage wurde mithilfe gezielter und Schneeball-Stichproben verteilt. Die Umfrage umfasste 44 Items in drei Abschnitten:
i) Soziodemografische Informationen der Teilnehmer (13 Items),
ii) verschiedene Aussagen zu ethischen Kodizes und Entscheidungsfindung (30 Punkte) und
iii) eine optionale Möglichkeit (1 Punkt), zusätzliche Faktoren zu beschreiben, die bei ihrer ethischen Entscheidungsfindung eine Rolle spielen. Die Teilnehmer mussten ihre Zustimmung zu jeder Aussage auf einer fünfstufigen Likert-Skala (1 = stimme überhaupt nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu) ausdrücken. Die Aussagen vertreten entweder
a) individuelle Faktoren bzw
b) situative/kontextuelle/organisatorische Faktoren.
Die Umfrage dauerte durchschnittlich 15 Minuten und wurde anonym eingereicht. Für die Datenanalyse wurden deskriptive Statistik und qualitative Methoden verwendet.

Ergebnisse: 554 Teilnehmer aus 72 Ländern nahmen teil; mit 415 Abschluss der gesamten Umfrage. Diverse (0.9 %), Männer (30.7 %) und Frauen (68.4 %) nahmen teil, mit einem Durchschnittsalter von 37.0 (±11.8) Jahren (Frauen 37.4 ±11.9, Männer 36.2 ±11.9, Diverse 32.4 ±8.7). Wir haben die Teilnehmerquoten nach WCPT-Mitgliedsländern (84.1 %), Nichtmitgliedsländern (15.8 %) und Regionen analysiert. 10.2 % der Teilnehmer kamen aus Afrika, 27.2 % aus Asien, Westpazifik, 49.2 % aus Europa, 11.4 % aus Nordamerika, Karibik und 2.0 % aus Südamerika. Teilnehmer identifizierten sich mit folgenden Religionen: Christentum (45.2 %), Säkular/Atheist/Nichtreligiös (23.6 %), Hinduismus (9.8 %), Islam (9.6 %), Buddhismus (3.1 %), andere Religionen (<1 %). oder lieber nicht teilen (4.9 %). Bei der Analyse der Aussagen erhielt „die berufliche Rolle des Physiotherapeuten verpflichtet zu ethischem Verhalten“ die höchste Zustimmung, gefolgt von „ethische Entscheidungsfindung erfordert mehr Kompetenz als die Beachtung eines Verhaltenskodex oder ethischer Grundsätze“. Eine erkennbare Organisationskultur der ethischen Praxis wurde eindeutig als unterstützend identifiziert. Es wurde festgestellt, dass die Art und Weise, wie Senior-Physiotherapeuten den Beruf repräsentieren, Einfluss auf Junior-Physiotherapeuten hat. Obwohl die Vorstellung einer unzureichenden Vorbereitung durch die physiotherapeutische Grundausbildung geäußert wurde, wurde die ethische Entscheidungsfindung als Stressquelle gering bewertet. Darüber hinaus wurde religiösen Überzeugungen eine untergeordnete Rolle zugeschrieben. Physiotherapeuten lernten ethische Entscheidungsfindung durch Vor- und Nachdiplomausbildung, auf eigene Faust, von Kollegen und durch professionelle Kurse.

Schlussfolgerung(en): Ethische Entscheidungsfindung ist eine professionelle Fähigkeit, die durch formelle und informelle Bildung kontinuierlich erworben und angepasst wird. Faktoren wie eigene und kulturelle Werte, der Kontext der Gesundheitssysteme, die Rolle und der Einfluss von Kollegen und das Arbeitsumfeld dürfen nicht unterschätzt werden. Eine weitere Untersuchung solcher Faktoren ist gerechtfertigt.

Implikationen: Die Übersetzung von Wissen und die Teilnahme an ethischen Schulungen sollten weltweit leicht zugänglich sein. Unsere Ergebnisse können mit Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen geteilt werden, um Physiotherapeuten besser auf ethische Entscheidungen in ihrer täglichen Praxis vorzubereiten.

Finanzierung, Danksagungen: Die Studie wurde gefördert durch die Landesregierung Salzburg/Österreich (Land Salzburg), Abteilung Kultur und Wissenschaft

Stichwort: Ethik, Entscheidungsfindung, International

Thema: Professionalität & Ethik

War für diese Arbeit eine ethische Genehmigung erforderlich? Ja
Institution: Institut für Ethik und Recht in der Medizin (IERM), Universität Wien
Ausschuss: IERM Dr. Stefan Dinges
Ethiknummer: IERM Ethics Vote 3/2018


Alle Autoren, Zugehörigkeiten und Abstracts wurden wie eingereicht veröffentlicht.

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