Schmerzneurowissenschaftliche Ausbildung (FS-04)

SCHMERZNEUROWISSENSCHAFTLICHE AUSBILDUNG IN UNTERVERSORGTEN UND WENIG ERFORSCHTEN BEVÖLKERUNGSGRUPPEN

E" Puentedura1, AG Silva2, S Sharma3, M Pokharel4
 
1Baylor University, Doktor der Physiotherapie, Waco, Texas, USA, 2Universität Aveiro, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Aveiro, Portugal, 3Abteilung für Physiotherapie, Kathmandu University School of Medical Sciences, Dhulikhel, Nepal, 4Annapurna Neurological Institute and Allied Sciences, Physiotherapie, Kathmandu, Nepal
 
Lernziele: Verstehen Sie die Faktoren, die die Wirksamkeit der schmerzneurowissenschaftlichen Ausbildung beeinflussen können. Lernen Sie von Forschern und Klinikern, wie die schmerzneurowissenschaftliche Ausbildung an eine vielfältige Bevölkerung angepasst werden kann, darunter ältere Erwachsene und Personen mit niedrigem sozioökonomischen Status (niedriges Einkommen und niedrige Bildung). Passen Sie die schmerzneurowissenschaftliche Ausbildung an die individuellen und kulturellen Besonderheiten von Patienten mit chronischen Schmerzen an.
 
Beschreibung: Chronische Schmerzen sind eine weit verbreitete Erkrankung, die einige Bevölkerungsgruppen wie ältere Erwachsene und Menschen mit niedrigem sozioökonomischen Status überproportional betrifft. Diese Bevölkerungsgruppen sind zudem unterversorgt und wenig erforscht. Obwohl chronische Schmerzen bis zu 83 % der älteren Erwachsenen betreffen können1 und ist einer der Hauptfaktoren für Behinderung;2 Schmerzen bei älteren Menschen werden oft ignoriert.1 Ältere Menschen stellen zusätzliche Herausforderungen dar, darunter kognitive und sensorische Beeinträchtigungen, das Vorhandensein mehrerer Komorbiditäten sowie falsche Vorstellungen über Schmerzen und deren Behandlung. Ebenso ist die Prävalenz chronischer Schmerzen und deren Auswirkungen in einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen, wo die Patienten einen niedrigen sozioökonomischen Status und wenig bis gar kein soziales Sicherheitsnetz haben, besonders hoch. So liegt beispielsweise die Prävalenz chronischer Schmerzen im ländlichen Nepal bei 50 %, wobei die Behandlung mit erheblichen Eigenbeteiligungskosten verbunden ist.3 Die biopsychosoziale Beurteilung und Behandlung von Schmerzen gilt derzeit zwar als Goldstandard, wird in Nepal jedoch nicht übernommen, obwohl chronische Schmerzen aufgrund muskuloskelettaler Ursachen die häufigste Ursache für Behinderungen sind.3 Der aktuelle Schwerpunkt der Forschung und möglicherweise auch der klinischen Praxis liegt weitgehend im biomedizinischen Bereich.3

Es hat sich gezeigt, dass die Ausbildung in Schmerzneurowissenschaften (PNE) positive Auswirkungen auf die Verringerung von Schmerzen, Behinderungen und psychosozialen Problemen hat, das Wissen der Patienten über Schmerzmechanismen verbessert, Bewegung erleichtert und den Verbrauch medizinischer Leistungen senkt.4 Studien über ältere Erwachsene, Menschen mit niedrigem Bildungsniveau und niedrigem Einkommen in Entwicklungsländern sind jedoch selten.4 Es werden nur wenige Beispiele und Strategien bereitgestellt, mit denen Kliniker PNE an diese Bevölkerungsgruppen anpassen können. Dennoch beeinflussen Faktoren wie Kultur, Bildungsniveau, Schmerzkognition, Bewältigungsstrategien, der zugrunde liegende Schmerzmechanismus und das Alter (z. B. Kinder oder ältere Erwachsene) die Art und Weise, wie Therapeuten PNE durchführen. Daher ist für eine effektive Behandlung ein individualisierter, patientenzentrierter Ansatz erforderlich.

Physiotherapeuten benötigen ein tiefes Verständnis der Schmerzmechanismen und die Fähigkeit, Patientengeschichten zuzuhören und sie über ihre eigenen Schmerzen und deren Bewältigung aufzuklären. Darüber hinaus werden verschiedene wichtige Voraussetzungen für eine effektive PNE in der klinischen Praxis beschrieben, z. B. muss die Erklärung verständlich, plausibel und für den Patienten hilfreich sein, und die neue Erklärung sollte vom direkten Umfeld des Patienten geteilt und bestätigt werden. Eine kürzlich durchgeführte systematische Übersichtsarbeit und Metaanalyse identifizierte zudem mehrere wichtige Aspekte für die Verbesserung des Patientenerlebnisses mit PNE, beispielsweise die Möglichkeit, die eigene Geschichte zu erzählen.5 PNE wird jedoch nicht als eigenständiger Ansatz durchgeführt, sondern üblicherweise mit manueller Therapie und Übungen kombiniert. PNE trägt dazu bei, die Einstellung der Patienten zu Übungen zu ändern und die Einhaltung aller Übungsformen, einschließlich zeitabhängiger Übungen, zu fördern. Die positive Wirkung der Kombination von PNE und Übungen auf Schmerzen und Behinderung ist größer als die alleinige Anwendung von Übungen.6

Um die PNE-Intervention in eine östliche Kultur zu integrieren, haben Sharma und Kollegen vor kurzem ein PNE-Programm entwickelt, bei dem lokale Patientengeschichten, Sprichwörter und Metaphern verwendet werden. Die Intervention wurde als glaubwürdige Intervention zur Behandlung von Rückenschmerzen bei Personen mit niedrigem sozioökonomischen Status (Bildung und Einkommen) akzeptiert.7 Die Machbarkeitsstudie deutete darauf hin, dass PNE bei Rückenschmerzen wirksamer ist als die leitlinienbasierte Behandlung. Eine aktuelle Stellungnahme betonte zudem, dass Ansätze zur Stärkung des Gesundheitssystems notwendig sind, um die Schmerzbelastung in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen (LMICs) zu bewältigen. Die Aufklärung der Bevölkerung über Schmerzen ist nicht nur für die Schmerzbehandlung, sondern auch für ein gesundes Altern ein sinnvoller Weg.8 PNE kann eine nützliche Intervention sein, wenn sie an die lokalen kulturellen Gegebenheiten in LMICs angepasst wird. Ebenso sind Anpassungen von PNE für ältere Menschen in Heimen notwendig, um ihre kognitiven und Hörfähigkeiten durch Strategien wie Sitzungsverkürzung, Erhöhung der Wiederholungen und Tanzeinbindung zu berücksichtigen.9 Ältere Menschen, die in der Gemeinschaft leben, loben Aspekte wie die Beziehung zwischen Therapeut und Patient oder seine Fähigkeit, Beispiele auszuwählen, mit denen sie sich identifizieren können. In Kombination mit körperlicher Betätigung wirkt sich PNE positiv auf das Selbstmanagement und die Selbstwirksamkeit, die wahrgenommene Funktionsfähigkeit und das allgemeine Wohlbefinden aus.

Implikationen/Schlussfolgerungen: Obwohl chronische Schmerzen ein großes Problem darstellen, erhalten große Gruppen von Schmerzpatienten keine angemessene (nicht-pharmakologische) Schmerzbehandlung. Physiotherapeuten haben die Verantwortung, diese Menschen mit nachweislich personalisierten Ansätzen wie PNE und Bewegung zu erreichen. Dieses Symposium bringt Physiotherapeuten mit klinischer und Forschungserfahrung zusammen, um zu zeigen, wie PNE auf unterschiedliche Personen, Kulturen und klinische Kontexte zugeschnitten werden kann, um deren Nutzen und Wirksamkeit zu verbessern.

References:
1. Pickering G, Zwakhalen S, Kaasalainen S, Hrsg. Schmerzmanagement bei älteren Erwachsenen. Cham: Springer International Publishing, 2018.
2. Silva AG, Queirós A, Sa-Couto P, Rocha NP. Selbstberichtete Behinderung: Zusammenhang mit der Leistungsfähigkeit der unteren Extremitäten und anderen Determinanten bei älteren Erwachsenen in der Primärversorgung. Phys Ther 2015, 95(12): 1628-37.
3. Sharma S, Jensen MP, Pathak A, Sharma S, Pokharel M, Abbott JH: Stand der klinischen Schmerzforschung in Nepal: eine systematische Scoping-Überprüfung. PAIN Reports 2019, 4(6):e788.
4. Louw A, Zimney K, Puentedura EJ, Diener I Die Wirksamkeit der schmerzneurowissenschaftlichen Ausbildung bei muskuloskelettalen Schmerzen: Eine systematische Literaturübersicht. Physiotherapie-Theorie und -Praxis 2016, 32: 1–24.
5. Watson JA, Ryan CG, Cooper L, Ellington D, Whittle R, Lavender M, Dixon J, Atkinson G, Cooper K, Martin DJ: Schmerzneurowissenschaftliche Schulung für Erwachsene mit chronischen muskuloskelettalen Schmerzen: eine systematische Übersichtsarbeit mit gemischten Methoden und Metaanalyse. J Pain 2019, 20(10):1140.e1141-1140.e1122.
6. Bodes PG, Lluch Girbés E, Roussel NA, Gallego Izquierdo T, Jiménez Penick V, Pecos Martín D. Schmerzneurophysiologische Schulung und therapeutische Übungen für Patienten mit chronischen Schmerzen im unteren Rückenbereich: eine einfach verblindete randomisierte kontrollierte Studie. Arch Phys Med Rehabil. 2018;99(2):338-347.
7. Sharma S, Jensen MP, Moseley GL, Abbott JH: Ergebnisse einer randomisierten klinischen Machbarkeitsstudie zur Schmerzaufklärung bei Rückenschmerzen in Nepal: die Machbarkeitsstudie Pain Education in Nepal-Low Back Pain (PEN-LBP). BMJ Open 2019, 9(3):e026874.
8. Sharma S, Blyth FM, Mishra SR, Briggs AM: Eine Stärkung des Gesundheitssystems ist notwendig, um der Schmerzbelastung in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu begegnen und ein gesundes Altern zu unterstützen. Journal of Global Health 2019, 9(2).
 
Schlüsselwörter: 1. Schmerzneurowissenschaftliche Ausbildung 2. Ältere Erwachsene 3. Unterschiede im Gesundheitszustand

Finanzierungshinweise: Nein

Alle Autoren, Zugehörigkeiten und Abstracts wurden wie eingereicht veröffentlicht.

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