PSYCHOLOGISCHE UNTERSCHIEDE BESTEHEN ZWISCHEN PATIENTEN MIT WIEDERKEHRENDEN UND CHRONISCHEN RÜCKENSCHMERZEN

Goubert D.1, Dannel L.1, Crombez G.1, Meius M.1
1Universität Gent, Gent, Belgien

Hintergrund: Die Beziehung zwischen biomechanischen Problemen, Schmerzen und psychosozialen Faktoren bei Kreuzschmerzen (LBP) ist komplex. Psychosoziale Faktoren haben bekanntermaßen einen starken Einfluss auf den Schmerz und andererseits beeinflussen Schmerzen auch die psychische Funktion. Diese Zusammenhänge werden hauptsächlich bei Patienten mit chronischen Schmerzen untersucht. Angesichts der klinischen Unterschiede zwischen LBP-Patienten mit schweren chronischen Beschwerden, leichten chronischen Beschwerden und solchen mit wiederkehrenden Beschwerden ist es auch plausibel, dass der Beitrag psychologischer Faktoren unterschiedlich ist. Wenige Forschungsergebnisse unterscheiden jedoch zwischen rezidivierendem LBP (RLBP) und chronisch schwerem und leichtem LBP (CLBP), obwohl sich RLBP-Patienten nach jeder Episode zu erholen scheinen, während CLBP-Patienten dies nicht tun.

Zweck: Bewertung von Unterschieden und Ähnlichkeiten bei psychosozialen Faktoren zwischen RLBP, leichtem CLBP (3-4 Schmerztage pro Woche) und schwerem CLBP (7 Schmerztage pro Woche). Erkenntnisse über psychosoziale Unterschiede zwischen diesen LBP-Gruppen könnten zu effektiveren Behandlungsmethoden und möglicherweise relevanten Maßnahmen zur Prävention von Chronifizierung führen.

Methoden: Die Checkliste aus individueller Stärke (CIS), Krankenhausangst- und Depressionsskala (HADS), multidimensionalem Schmerzinventar (MPI), Schmerzkatastrophisierungsskala (PCS), Schmerzbehinderungsindex (PDI), Erhebung von Schmerzeinstellungen (SOPA) und sozialen Merkmalen waren untersucht bei 21 RLBP, 23 leichten CLBP und 16 schweren CLBP.

Ergebnisse: Bei RLBP waren PDI, MPI (Schmerzstärke und Interferenz) und SOPA (Behinderung) signifikant niedriger im Vergleich zu schwerem CLBP. Auch ein signifikant niedrigerer CIS (subjektive Müdigkeit, Motivation, Konzentration, Aktivität), HADS (Angst und Depression), MPI (Schmerzschwere und Interferenz) wurde bei RLBP im Vergleich zu mildem CLBP, aber nicht zu CLBP beobachtet. Bei leichtem CLBP wurde im Vergleich zu schwerem CLBP ein schlechterer CIS-Score (Konzentration) gefunden. Bei sozialen Faktoren wie Zivilstand, Bildungsgrad oder Berufsmerkmalen wurden keine Unterschiede zwischen den Gruppen festgestellt.

Schlussfolgerung(en): Der psychische Zustand zwischen RLBP und CLBP unterscheidet sich deutlich. Schweres CLBP erfährt eine stärkere Schwere von Schmerzen und Beeinträchtigungen im täglichen Leben und ist im Vergleich zu RLBP stärker behindert. Leichte CLBP erfahren im Vergleich zu RLBP mehr subjektive Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, Motivationsprobleme, Angst und depressive Gefühle und Behinderungen. Sie sind körperlich weniger aktiv und empfinden ihre Schmerzen im Vergleich zu RLBP als stärker. Ob diese Befunde Ursache oder Folge der typischen Natur von LBP sind, ist noch unbekannt. Möglicherweise entwickeln Patienten mit RLBP weniger wahrscheinlich eine negative Einstellung, da sie nur kurze Episoden von Schmerzschüben im Wechsel mit längeren schmerzfreien Perioden erleben. Aber es ist auch möglich, dass eine positive Einstellung RLBP hilft, sich nach jeder Schmerzepisode zu erholen und verhindert, dass sie chronisch werden. Bei psychologischen Faktoren wurden nur wenige Unterschiede zwischen leichtem und schwerem CLBP festgestellt, und bei sozialen Faktoren wurden keine Unterschiede zwischen den Gruppen gefunden.

Implikationen: Da klare Unterschiede zwischen RLBP und CLBP bestehen, sollten Behandlungsmethoden für beide Gruppen in der physikalischen Therapiepraxis nicht durcheinander gebracht werden. Diese Unterschiede erhöhen die Notwendigkeit unterschiedlicher Ansätze zwischen RLBP und CLBP. Maßgeschneiderte Behandlungsmethoden unter Berücksichtigung der geforderten psychologischen Merkmale bei CLBP werden dringend empfohlen.

Finanzierungshinweise: keine

Thema: Psychische Gesundheit

Ethik-Genehmigung: Die lokale Ethikkommission des Universitätskrankenhauses Gent (EC UZ 22012/791).


Alle Autoren, Zugehörigkeiten und Abstracts wurden wie eingereicht veröffentlicht.

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